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Prof. h.c. Dr. rer. nat. habil.

Horst Göring

Dipl.-Biologe

 

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4. Schwindendes Libido

24.04.2015

Schwindende Libido und wachsende Impotenz

 

 

Vielen scheint es ein unausweichliches Naturgesetz zu sein, dass mit fortschreitendem Alter die Libido schwindet und die Potenz nachlässt. Trifft es jedoch jemanden in jüngeren Jahren, so hört man allenthalben , dass Stress und Umweltgifte die wichtigsten Ursachen seien. Nur relativ wenige Betroffene vertrauen sich einem Arzt an. Erfolgt ein Arztbesuch, so ist er meist nicht auf eigene Initiative zurück zu führen, sondern die Partnerin hat darauf gedrängt.

 

Ich bin keine Frau, aber aus Gesprächen mit Frauen und Männern über diese Frage drängt sich mir der Eindruck auf, dass Frauen ganz allgemein offener für derartige „intime Gespräche“ seien als Männer. Wenn man in Gesprächen aufmerksam auf  Andeutungen, Intonationen u. ä. achtet, auch Unausgesprochenes zu ergründen sucht, so kommt in vielen Fällen die Aktivität der Frau zum Vorschein. So erfährt man auch immer wieder, dass unter Freundinnen, sogar unter Bekannten beim Zusammentreffen beispielsweise im Wartezimmer beim Arzt oder Frisör häufiger auch über intime Probleme gesprochen wird. Frauen tauschen sich freimütiger unter einander aus.

 

Da ist das Verhalten des Mannes ganz anders. Ein „richtiger Kerl“ wird doch nicht über solche Probleme sprechen. Es könnte ja leicht der Verdacht entstehen, dass er selbst die Ursache sei. So etwas verträgt sich nicht mit seiner Männerwürde, es würde an seiner Mannesehre kratzen. Lieber schweigt er, bleibt unwissend und leidet weiter – der Idiot! Das hat historische Gründe, die als bekannt vorausgesetzt werden können.

 

In der heutigen Zeit ist die öffentliche Offenheit einerseits ein Anreiz für die Libido. Es werden Verlangen, Erwartungen und weitreichende Wunschvorstellungen erweckt. Andererseits baut sich jedoch bei vielen Männern eine so große Erwartungshaltung auf, die in der Befürchtung des Versagens münden kann. Versagen in einer intimen Angelegenheit, das kann schicksalhaft für einen Mann sein. Einmal versagt, und schon steht das Gespenst des erneuten Versagens vor ihm. Das bedeutet Stress und wieder versagen. Kommt dann noch ein Vorwurf der Partnerin hinzu, sei es auch nur als witzig verpackte Anspielung in gemütlicher Runde bei einem Glas Wein, kann das schon das Ende besiegeln. Es gibt Frauen, die nicht einfühlsam genug sind und den so empfindlichen „starken Mann“ tief verletzen können.

 

Frauen haben es in dieser Beziehung anscheinend leichter. Neben dem lustlosen Mitmachen steht ihnen noch ein ganzes Repertoire an Ausreden zur Verfügung wie „Migräne“, „heute viel Stress gehabt“, „schon todmüde“ usw. Das würde sich kein Mann trauen, und das ist eben sein Problem! Es ist aber doch jeder einmal nicht gut drauf, sie und er auch. Doch bei ihm ist der Effekt und die evtl. folgende Belastung ungleich größer. Er wird gleich zum Versager. Vielleicht noch nicht einmal aus ihrer Sicht, wohl aber aus seiner eigenen. Das wiegt bedeutend schwerer und wirkt nachhaltiger. Wohl dem, der in einem solchen Moment von seiner Partnerin Liebe, Zuneigung und Unterstützung erfährt. Frauen sind eben häufiger die einfühlsameren Geschöpfe. Sie können einen Mann wieder aufbauen, schließlich auch zum Arzt schleppen. Der „starke Mann“ ist eben nur ein schwaches und leicht verletzbares Geschöpf.

 

Der Mann wird erst durch die Frau zum Mann. Sie erweckt in ihm seine Potenz. Er kann aber auch an ihr zerbrechen, depressiv werden. Er kann leider in Einzelfällen dank seiner meist erheblichen körperlichen Überlegenheit zum Tier werden. Natürlich gibt es nicht „den Mann“, aber auch nicht „die Frau“. Von emotionalen Empfindungen bis zur gnadenlosen Berechenbarkeit werden wir alle Erscheinungsformen bei ihm und auch bei ihr finden. Doch es gibt „allgemeine“, somit häufig auftretende Verhaltensweisen und eben auch „spezifische“, in dieser oder jener Hinsicht von den allgemeinen abweichende Verhaltensweisen.

 

Kehren wir zurück zur Ausgangsproblematik. Schon jetzt ist zu erkennen wie groß das Verwirrspiel um Libido und Impotenz sein kann, besonders, wenn darüber nicht geredet wird. Und das kann dann der Mann eben in den meisten Fällen einfach nicht. Er traut sich nicht, er ist zu feige. Frauen sind häufig ganz anders. Wenn trotz alledem viele Beziehungen unter solch kritischen Umständen gerettet werden, ist es ihrer größeren Offenheit, vielleicht auch ihrem größeren Verantwortungsbewusstsein zu verdanken.

 

Doch von sehr großer Bedeutung für diese Problematik sind auch natürliche, organische Gründe. Ärzte, die sich mit einschlägigen Problemen beschäftigen (wohl hier auch häufiger Ärztinnen) kommen zu aufschlussreichen Ergebnissen. Noch vor wenigen Jahren war es eine Seltenheit, dass ein Mann keine Lust auf Sex hatte. Heute sieht die Welt anders aus. Und dafür scheint es in der Tat wichtige Gründe zu geben, die häufig organischer Natur sind. Akribisch zusammengestellt und allseitig diskutiert findet man solche Übersichten im Internet, beispielsweise auf der Seite „Gesundheit“ den Beitrag „Libido natürlich steigern – die 9 Feinde Ihrer Libido“.

 

Sicher sind die 9 Feinde nicht alle gleichwertig in ihrer Bedeutung. Man kann sie dort nachlesen, sollen deshalb auch hier nicht nacherzählt werden. Andererseits sind die 9 Feinde so zutreffend für die Behandlung des vorliegenden Themas, dass sie in einer Aufzählung wieder gegeben werden sollen. Angefangen von Pestiziden und Weichmachern über Elektrosmog, Schilddrüsenstörungen, Serotonin, hormonelle Verhütungsmittel, Übergewicht, Zucker, Lichtmangel bis hin zu psychischen Konflikten reicht die Palette dieser Feinde. Man sollte gleich noch hinzufügen, dass viele dieser Faktoren gleichzeitig auch verantwortlich sind für eine Potenzminderung oder gar für einen Potenzverlust.

 

Ich hätte einer solchen Aufzählung auf alle Fälle einen 10. Feind hinzugefügt, um so mehr, da er gleichzeitig Feind der Libido und der Potenz des Mannes ist. Ja, auch Frauen sind von ihm betroffen. Es sind Medikamente, die in unserer Zeit zunehmend in immer größeren Mengen verschrieben werden. Wir erwarten von ihnen, dass sie uns helfen sollen, gesund zu werden, wenn uns eine Krankheit plagt. Kennzeichnend für diese Situation ist vielleicht folgendes, gekürzt wieder gegebenes, Gespräch zwischen Arzt und Patienten.

Arzt: Ihr Blutdruck ist zu hoch. Ich werde Ihnen ein Blutdruck senkendes Mittel verschreiben.

Patient: Ich habe gehört, dass man von diesem Medikament Wasser in den Beinen bekommen kann.

Arzt: Sollte dieser Fall eintreten, werde ich Ihnen noch ein Diuretikum verschreiben.

Patient: Das hat dann keine Nebenwirkungen?

Arzt: Sie verlangen zu viel von den Medikamenten. Aber wenn schon! Falls welche auftreten sollten, kann man sie doch auch behandeln. Seien Sie unbesorgt. Heute gibt es gegen alles ein Mittel.

 

Dem Medikament ist ein Beipackzettel beigefügt. Der Beipackzettel ist für den Patienten gedacht. Er ist durchaus nicht nur ein Informationsmaterial. Mit ihm wird auf den Patienten jede Menge Verantwortung übertragen. U. a. werden dort nicht selten 20 bis 40 Nebenwirkungen zu einzelnen Medikamenten aufgezählt. Liest man den Beipackzettel sorgfältig, so kann einem das blanke Grausen kommen. Da kann es Nebenwirkungen geben, die weitaus schwerwiegender sein können als die Krankheit gegen die einem das Medikament verschrieben wurde. Der Arzt beruhigt dann meist mit dem Hinweis, dass viele Nebenwirkungen nur selten auftreten. Mann solle diese Angaben doch nicht zu ernst nehmen.

 

Ich stelle mir das dann so vor: Ich stehe an einer Kreuzung von 2 wenig befahrenen Straßen. Wenn ich nun bei Rot die Straße überquere, könnte ich als „Nebenwirkung“ einfach überfahren werden. Doch kann ich beruhigt sein, denn das passiere nur selten. Wie auch immer, das Ordnungsamt wäre juristisch auf der sicheren Seite. Das Überqueren der Straße bei Rot sei ja untersagt. So steht auch im Beipackzettel, was alles passieren könnte. Ich bin damit gewarnt. Wenn ich das Medikament trotzdem einnehme, bin ich für die Folgen selbst verantwortlich. Das ist wirklich beruhigend!

 

Was nun Impotenz, besonders die Form der erektilen Dysfunktion, betrifft, so findet man dazu unter „Selbsthilfegruppe Erektile Dysfunktion“ eine Übersicht über „Medikamente als Ursache von Sexualstörungen“. Man braucht schon starke Nerven, um sich mit diesen Medikamenten und deren speziellen Nebenwirkung „Sexualstörung“ vertraut zu machen. Es wird dann auf eine weitere Seite, „Medikamente, die Sexualstörungen verursachen können“, verwiesen. Folgt man diesem Link, so kommt man zu einer Aufzählung von 18 Medikamentengruppen. Schaut man sich diese Gruppen genauer an, überfällt einem zunächst der Eindruck, da sind ja fast alle Mittel gegen fast alle Krankheiten aufgeführt. Dieser Eindruck trügt. In den Apotheken sind weitere Medikamentengruppen gegen weitere Krankheiten beschaffbar.

 

Die erste Medikamentengruppe betrifft Mittel gegen Bluthochdruck. Es werden 31 Wirkstoffe aufgelistet. Von denen zeigen 15 negative Auswirkungen auf die Libido bzw. Potenz, 5 weitere gelegentliche Störungen der erektilen Dysfunktion. Wer das also vermeiden möchte, dem bleibt keine sehr große Auswahl.

 

Bei den Harn treibenden  bzw. entwässernden Medikamenten (Diuretika) steht unter Auswirkungen bei allen Wirkstoffgruppen Impotenz oder Potenzstörungen.

 

In der Gruppe der Schmerzmittel wird für alle aufgezählten Wirkstoffe Erektionsstörungen angegeben. Das gilt dann beispielsweise für Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen, Ketoprofen u. a.  Nicht immer sieht man den Namen eines Medikaments seine Wirkstoffherkunft an. So enthält das Medikament Gabrilen den Wirkstoff Ketoprofen. Bei den Medikamenten Diclac und Voltaren beruht deren Schmerz stillende Wirkung auf den Wirkstoff Diclofenac. Wer hat nicht schon einmal oder des Öfteren ein Schmerzmittel verschrieben bekommen, oder leichter dosierte Schmerzmittel direkt rezeptfrei über den Ladentisch erworben? Wurden Sie von ihrem Arzt auf solch wohl sicher unerwünschte Nebenwirkung hingewiesen? Mich hat auf jedem Fall die junge, nette Apothekerin beim Kauf eines Schmerzmittels nicht auf die Gefahren für mein Sexualleben hingewiesen, die bei der Einnahme dieses Schmerzmittels entstehen können. Wo bleibt da die berühmte Beratung unserer Apotheken? Im Fernsehen sagt die Werbung auch nur: „Der Schmerz ist weg!“ Dann folgt aber noch der Satz den man schon so oft gehört hat und deshalb überhört „... fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“. Da kann man ja gleich im Internet bestellen. Man wird dann wenigstens nicht noch freundlich angelächelt, wenn einem solche Gefahren unterschlagen werden.

 

Es ist unmöglich in diesem Rahmen alle Medikamentengruppen zu besprechen. Doch wäre es unverantwortlich, gerade die Lipidsenker außer Acht zu lassen. Hinter den Clofibratenen steht: Potenzstörungen, Impotenz; hinter den inzwischen sehr bekannt gewordenen Statinen, die zur Cholesterinsenkung verschrieben werden: erektile Dysfunktion. So geht es in der Aufzählung weiter. Wer noch mehr wissen möchte, mag im Internet selbst weiter lesen.

 

Mädchen und Jungs! Frauen und Männer! Was schluckt Ihr da täglich tonnenweise herunter? Natürlich treten Nebenwirkungen selten auf. Wenn aber so viele verschiedene Medikamente derartige Nebenwirkungen haben, dann muss schon eine ganz schöne Anzahl von Auswirkungen zusammen kommen. Ein paar Medikamente, vielleicht noch einen psychischen Konflikt, wenn das noch nicht reicht, noch Lichtmangel (Vitamin D-Defizit), das läppert sich schnell zusammen und schon bist Du nicht mehr „ER“, sondern „ES“. Wen wundert es denn noch, wenn immer mehr Männer, darunter auch junge, keine Lust mehr auf Sex haben?

 

Hier wurde nur der 10. Feind der Libido, bzw. der männlichen Potenz auszugsweise besprochen. Die anderen 9 müssten nun noch dazu kommen. Doch ich denke, es reicht! Erstaunlich ist auch, dass weder Ärzte noch Apotheker ihrer Beratungspflicht nachkommen. Aber ist es wirklich eine solche Bagatelle, wenn ein Mann, wo möglich schon in jungen Jahren, seine Libido verliert oder gar impotent wird? Entstehen aus solch einer Bagatell-Erscheinung nicht Ehekrisen, Scheidungen und unter einer Trennung leidende Kinder?

 

Ich halte gelegentlich Vorträge über die biologischen Hintergründe des Mangels an Vitamin D, von dem in Deutschland viele Menschen betroffen sind. Nicht während der allgemeinen Diskussion, die den Vorträgen folgt, sondern anschließend in Einzelgesprächen, wurde ich wiederholt von Frauen gefragt, ob Vitamin D bei seiner vielseitigen Wirkung als Hormon auch gegen Impotenz hilft?[1]) Die Männer der Fragestellerinnen kann man dann mitunter irgendwo im Hintergrund ausmachen.

 

Bei all meinen Vorträgen hat nicht ein einziges Mal ein Mann eine derartige Frage gestellt. Das sind sie, die starken Mannesbilder, zaghaft, scheu und feige. Fernab von dem Bild, das Schiller in seinem Gedicht „Männerwürde“ beschrieben hat. Er schrieb Zeilen wie diese:

„Wer ist ein Mann! Wer ist es mehr?“

Weiter frohlockte er:

„ Geht´s Mädchen mir vorüber,

Ruft´s laut in mir: Du bist ein Mann!

Und küsse sie so lieber.“

Doch Schiller wusste schon, dass diese Aussage nicht für alle Männer und auch nicht für alle Zeiten Gültigkeit besitzt. So schrieb er weiter über die Römer des zerfallenden römischen Reiches:

„Wie Wein von einem Chemikus,

 durch die Retort´ getrieben.

Zum Teufel ist der Spiritus,

das Phlegma ist geblieben.“

 

Auch die Römerinnen konnten zur damaligen Zeit den Zerfall des römischen Reiches nicht aufhalten. Wer kann den globalen Zerfall zu unserer Zeit aufhalten? Werden es unsere Frauen sein? Es gibt unter ihnen viele, die auf jedem Fall davon überzeugt sind: „Wir schaffen das!“

 

Na, schaun wir mal!



[1]) Es wurde schon erwähnt, dass Lichtmangel, eben auch anhaltender Mangel an Vitamin D, ein Feind der Libido ist.

 

Dr. rer. Nat. habil. Horst Göring

Dipl.-Biologe

horst-goering@online.de

http://horst-goering1.de

 

PS Ich bin Biologe und beschäftige mich mit obiger Problematik aus rein wissenschaftlichem Interesse. Ich stelle keine Diagnosen, behandle und heile nicht. Wenn Sie medizinische Probleme haben, wenden Sie sich an Ihren Arzt.

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